Die Pilates Mind-Body Verbindung: Weniger "Burn", Mehr Leichtigkeit
- Carina

- 25. Okt.
- 4 Min. Lesezeit
Meine größte Inspiration, über Pilates und Bewegung zu schreiben, finde ich meistens dann, wenn ich selbst praktiziere. Ich könnte jeden Beitrag mit „Neulich, beim Pilates …“ beginnen – aber das würde auf Dauer wohl etwas eintönig werden, oder? Also beginne ich dieses Mal anders. Aber bevor ich ein wenig über meine neuesten Erkenntnisse erzähle, würde ich dich gerne fragen:
Was bedeutet Pilates für dich?
Was motiviert dich immer wieder aufs Neue zu praktizieren?
Ist es ein bestimmtes Studio, ein*e bestimmte*r Lehrer*in oder ein Ziel, das du erreichen möchtest - ein körperliches Ziel, mehr Kraft, oder eine bestimmte Übung zu meistern?
Ist Pilates für dich ein Training, bei dem gilt: je härter und je mehr "burn" desto besser?
Lange Zeit hätte ich all diese Fragen mit "Ja" beantwortet. Doch im Laufe der Zeit hat sich die Bedeutung von Pilates für mich verändert – und wird sich wahrscheinlich weiter verändern. War ich früher von äußeren Dingen motiviert, kommt heute meine Motivation mehr von innen herraus. Ganz einfach gesagt kam früher meine Motivation vom Aussehen und dem “burn”. Ob sich eine Stunde „gut“ anfühlte, hing davon ab, wie stark es gebrannt hatte. Mehr Brennen bedeutete mehr Anstrengung, und mehr Anstrengung bedeutete bessere Ergebnisse. Schließlich geht es doch um „je härter, desto besser“, oder? Nur habe ich mit der Zeit erkannt: Härter ist nicht immer besser. Heute besteht der „schwierige Teil“ von Pilates für mich nicht mehr darin, wie sehr ich mich anstrengen kann – sondern darin, wie mühelos und wie fließend meine Bewegungen werden können, und je mehr ich sie mit meinem Atem verbinden kann.
Meine Ausbildung mit Polestar Pilates hat diese Entwicklung stark geprägt. Eines der Leitsätze von Polestar lautet: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich.“ Dieser Gedanke hat meine Art, mich zu bewegen, völlig verändert. Wenn ich heute praktiziere, suche ich nach den Momenten, in denen ich noch ein wenig mehr loslassen kann – nicht nach den Stellen, an denen ich mehr Spannung erzeugen könnte. Und das Erstaunliche ist: Selbst ohne dem Brennen spüre ich tiefe Wirkungen. Eigentlich sogar noch mehr, weil mein Fokus während dem Pilates stärker auf der Verbindung von Mind-Body liegt als je zuvor.
Hier ein Beispiel aus meiner letzten Praxis:
Ich arbeitete am Ladder Barrel – einem wunderbaren Pilates-Gerät – an einer Übung namens Horseback. Wer sie nicht kennt: Man sitzt dabei wie auf einem Pferd auf dem Barrel (daher der Name), hebt den Körper leicht an und bewegt sich aus einer neutralen Position von Wirbelsäule, Becken und Brustkorb in Flexion und Extension. Eine wunderschöne, aber anspruchsvolle Übung, die – wie so viele andere – große Beweglichkeit, Kontrolle, Körperbewusstsein und Präzision erfordert.
Man muss genau wissen, wo man sich im Raum befindet, wie die Rippen über dem Becken stehen und wie man Becken, Wirbelsäule und Brustkorb geschmeidig zwischen den Positionen bewegt – während man sich gleichzeitig mit den Innenseiten der Oberschenkel leicht trägt, fast schwebend über dem Barrel. Wenn ich mich nur auf das Brennen konzentrieren würde (zum Beispiel auf das Zusammenpressen der Oberschenkel gegen das Barrel), würde ich all die anderen Aspekte der Übung verpassen: die Koordination, das Timing, das Zusammenspiel von Stabilität und Loslassen.
Nach der Übung hatte ich dieses Gefühl von „Wow, das war intensiv“. Aber es war keine muskuläre Intensität im Sinne von Brennen. Es war etwas Tieferes – eine Neuorganisation meines Nervensystems. Viele Pilates-Übungen erfordern, dass ein Teil des Körpers stabil bleibt, während ein anderer sich frei bewegt. Dieses Zusammenspiel von Kontrolle und Beweglichkeit zu lernen und zu verfeinern – das richtige Timing zwischen Festhalten und Loslassen zu finden – ist eine wirkliche Lernaufgabe für das Nervensystem. Es geht dabei nicht darum, die Muskeln bewusst anzuweisen, sich jetzt anzuspannen. Die Magie liegt im Zulassen und Vertrauen: dass sich die richtigen Muskeln unbewusst und antizipierend im richtigen Moment aktivieren, damit Bewegung auf natürliche, fließende Weise entsteht. Danach holt der bewusste Geist sozusagen auf und erkennt, was der Körper längst wusste – was Muskeln und Nervensystem tun mussten, um diese Bewegung möglich zu machen. (Und das Wieder-erlernen dieser natürlichen Bewegungsmuster braucht Zeit. Genau darin liegt die Praxis …)
Das ist für mich die wahre Intensität von Pilates: die Integration, das Bewusstsein, das Gefühl, ganz im eigenen Körper zu sein. Heute schätze ich diese Wirkung weit mehr als das vorübergehende „Muskelbrennen“. Ich möchte meine Praxis mit einem Gefühl der Erfrischung und Belebung beenden, nicht erschöpft oder ausgebrannt. Das Leben liefert ohnehin genug davon.
Meine Pilates-Praxis ist für mich zu einer Möglichkeit geworden, neue Energie zu schöpfen – und zu lernen, wie ich selbst in den anspruchsvollsten Bewegungen Leichtigkeit finden kann. Heute geht es in meiner Praxis – und auch in meinem Unterricht – darum, Leichtigkeit dort zu finden, wo früher Anstrengung war.Wenn dich dieser Gedanke anspricht, lade ich dich ein, ihn mit mir zu erkunden.Ich teile gerne, was ich über Leichtigkeit, Präzision und Flow im Pilates gelernt habe.Eine achtsame Bewegung nach der anderen.




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